Umgang mit autistischen Menschen


Die nachfolgenden Ausführungen basieren auf einer Auswahl der Ergebnisse einer von mir durchgeführten Untersuchung (Universität Tübingen, 1999) als auch weiterer wissenschaftlichen Befunde. Die Empfehlungen die ausgesprochen werden sind immer auf die spezielle Art der Behinderung zu sehen und dürfen nicht ohne genaue Betrachtung übertragen werden, da kein Fall dem anderen gleicht.

Trotz dieser relativierenden Aussagen lassen sich jedoch allgemeine Empfehlungen machen, die als Typisierungen zu betrachten sind und die einen Rahmen für pädagogisches Handeln aufzeigen können. Aus pädagogischer Sicht gilt es nach Rödler (1995) immer auch zu bedenken, auch für den Pädagogen selbst, daß sich Menschen gegenüber autistischen Verhaltensweisen in besonderer Weise "inkompetent" fühlen. Dies konnte in der von mir durchgeführten Untersuchung bei der Kategorie Vorstellungswelt aufgezeigt werden, in der deutlich wurde, daß die Vorstellungswelt von autistisch Behinderten in erheblichem Maße von der Vorstellungswelt der "normalen" Menschen abweichen kann. Dieses Phänomen veranschaulicht auch die Aussage eines autistisch Behinderten mit Asperger-Syndrom:

"Patience is needed to discover the meanings behind actions or words. Total understanding of autistic by non-autistic is probably impossibe (O'Neill)".

Frei übersetzt: Geduld wir benötigt um die Bedeutungen hinter den Handlungen oder Worten zu entdecken. Volles Verständnis von nicht-

autistischen Menschen ist unmöglich.

Wie wirkt sich das autistische Syndrom im Alltag aus?

Autistisch Behinderte weisen oft eine besondere Krankheitsgeschichte auf, die vor allem in frühester Kindheit angesiedelt ist, bzw. erleiden noch in ihrer weiteren Entwicklung epileptische Anfälle (vor allem im Jugendalter). Nach Analyse der biographischen Texte und nach Befunden hinsichtlich epileptischer Anfälle aus Kusch & Petermann und Kehrer ist in einer Vielzahl von Fällen auch ein Anfallsleiden mit einhergehend.

Die autistischen Verhaltensweisen zeigen sich in den Bereichen Wahrnehmung, Motorik (Steuerung und Kontrolle der eigenen Bewegungen), Reizverarbeitung (Über- und Unterempfindlichkeiten) sowie im besonderen der Bereich der Kommunikation und Interaktion.

Frühfördermaßnahmen sind für all diese Bereiche umfassend angezeigt und die Therapieformen sind je nach Bereich vielfältig Da fast alle Bereiche betroffen sind, stellt sich die Frage nach der Übertherapisierung, die bei Behinderten verschiedentlich aufgeworfen werden. Für autistisch Behinderte ist aus meiner Sicht eher die Frage der Wirksamkeit der Therapie zu prüfen, da Therapieformen angeboten werden/wurden, die bisher den Nachweis der Wirksamkeit (z.B. Festhaltetherapie) schuldig geblieben sind.

Generell kann davon ausgegangen werden, daß Einwirkungsformen, die auf eine Verbesserung der Motorik (Fein- und Grobmotorik, durch z.B. Reittherapie, siehe hierzu Heyder), der Wahrnehmung (sensorische Integration) und der Gestaltungsfähigkeiten (Ergotherapie) abzielen unschädlich sind und in einem sinnvollen ganzheitlich pädagogischen Rahmen auch mit Spaß und Freude angewendet werden können, so daß solche therapeutischen Bemühungen auch unmittelbar die Lebensfreude und das unmittelbare positive Empfinden verstärken.Neben dem motorischen und Wahrnehmungsbereich stellt der Bereich der Kommunikation und Interaktion eine besondere Herausforderung dar.

Das "Sich-Verständigen-Können" stellt für die autistisch Behinderten unabhängig der zugrundeliegenden Basisstörung des autistischen Syndroms, ein Kernfähigkeit dar, die direkt zu einer besseren Lebensqualität führt. Insoweit ist es von entscheidender Bedeutung die Sprach- und Kommunikationsprozesse des autistisch Behinderten verstehen zu lernen, um therapeutisch (vor allem auch für die Eltern und Geschwister) Hilfestellungen und Förderung anbieten zu können. Wie verschiedene Autoren festgestellt haben, nehmen Aggressionen und Autoaggressionen in dem Maße ab, wie sich die autistisch Behinderten verstanden fühlen und ihre Bedürfnisse und Wünsche sei es verbal oder nonverbal äußern können.

Die autistischen Beeinträchtigungen und Eigenarten sind bei allen Fördermaßnahmen zu beachten. Aggressionen, Autoaggressionen, Toben und Schreien stellen oft für nichtsprechende autistische Behinderte das einzige Ventil zur Frustrationsverarbeitung und zum Dampfablassen dar. Dabei sind diese Verhaltensweisen nach Rödler keine frei gewählten Handlungs- und Verhaltensweisen, sondern der Ausdruck einer alternativlosen Situation, in denen die autistischen Menschen keine andere Wahl oder Handlungsalternative haben. Die Herstellung eines Vertrauensverhältnisses zum "Schützling", das "Sich-Einlassen" auf ein zum Teil "fremdes Wesen" mit dem Versuch der Motivationsförderung und Förderung des Selbstbewußtseins sowie des Abbaues von Ängsten und Blockierungen ist die Basisarbeit, die, ehe mit therapeutischen Maßnahmen sinnvoll begonnen werden kann, zu leisten ist. Antriebsblockierungen sind zu beachten und vorhandene Neugier zu fördern und zu unterstützen. Die Besonderheiten der Wahrnehmungs- und Informationsverabeitung müssen bei sämtlichen therapeutischen Maßnahmen beachtet werden. Da diese in aller Regel beeinträchtigt ist, ist mit Strategien der "verzögerten Reaktion", des "Zeitlassens", des "Langsam-Sprechens" und verschiedenen Aspekten der Verhaltenstherapie zu experimentieren.

Der Blickkontakt soll, soweit nur eingeschränkt vorhanden, bei der erstmaligen Ansprache herbeigeführt werden, da dieser ein Indiz für die Aufmerksamkeit ist und Voraussetzung für das Ablesen der Mimik und Gestik des Gegenübers darstellt. Die Herstellung des Blickkontakt ist auch dann wichtig um die Kommunikationsanbahnung herbeiführen zu können, auch wenn periphere Wahrnehmung vorhanden ist.

Für pädagogischen Konzepte und Überlegungen ist sowohl das Anknüpfen an den bisherigen Entwicklungsverlauf als auch die Anknüpfung an die Zone der nächsten Entwicklung (Wygotski) stark erschwert, wenn nicht sogar unmöglich, da durch verdeckte Enwicklungsverläufe, Blockierungen, Motivationshemmnisse und weitere autistische Stereotypien, nur sehr schwer der Entwicklungsstand erkennbar ist und ein Vergleich, wo das Kind/Jugendlicher im Vergleich zu einem gesunden Kind/Jungendlichen steht, schwer möglich ist soweit ein solcher Vergleich überhaupt Sinn macht. Nach Wygotski ist der Entwicklungsverlauf bei Behinderten ohnehin qualitativ abweichend und zwar um so stärker je stärker die Behinderung der niederen psychischen Funktionen ist. Insoweit ist pädagogisches Geschick vonnöten, die Dimensionen der Behinderung zu erfassen. Ohne fundiertes theoretischen Hintergrundwissen erscheint dies nicht möglich. Dies spricht für einen ökologischen Ansatz nachdem "Förderprogramme am täglichen Leben der autistischen Kinder" ausgerichtet werden sollen ("Domain-Strategy") und nicht für den entwicklungspsychologischen, nach dem Informationen der Entwicklungsdiagnostik zur Fördung der nächsthöheren Entwicklungsschritte verwendet werden. Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, erscheint eine Orientierung an der Zone der nächsten Entwicklung (ZNE, Wygotski) bei autistischen Kindern/Jugendlichen und bei Behinderten im allgemeinen, kein funktionierender Ansatz zu sein.

Im weiteren soll aufgezeigt werden, wie die Ergebnisse meiner Studie in den pädagogischen Alltag und in das tägliche Leben einfließen können.

Innere Sprache

Als ein Ergebnis meiner Untersuchungen kann von dem Vorhandensein einer inneren Sprache als verbales Denken kann ausgegangen werden. Lediglich in den Fällen der fast vollkommenen "Retardierung" scheint es fraglich zu sein, es kann aber nicht abschließend beantwortet werden, da auch Fälle bekannt geworden sind, in denen erheblich "retardierte autistisch Behinderte" mit FC zu Äußerungen imstande waren.

Für die pädagogische Praxis bedeutet dies, daß davon auszugehen ist, daß ein Verständnis des Behinderten, zumindest was sein unmittelbares Umfeld angeht, vorhanden ist. Sowohl die mit gestützter Kommunikation verfaßten Texte als auch die spezifische "Autistensprache" sind ein deutlicher Hinweis auf das Wirken dieser "lautlosen" inneren Sprache.

Da die innere Sprache ein kognitiver Prozeß (Verallgemeinerung/ Generalisierung und Rückführung) darstellt, kann dieser nicht bewußt gefördert werden. Sie ergibt sich als Reflex auf Welterleben, Wahrnehmung und Informationsverarbeitung sowie der internen Denk- und Sprachprozesse.

Innere Sprache kann sich in der spezifischen Sprachäußerungen zeigen. Unabhängig wie "verzerrt" bruchstückhaft und schwer verständlich diese auch klingen mag, ist dies als positiver Versuch des gewünschten Ausdrucks zu sehen und entsprechend positiv zu würdigen und zu verstärken. Speziell die Prädikatisierung, Verkürzung sowie die Neologismen deuten darauf hin, daß innere Sprache zur Kommunikation versucht wird einzusetzen. Auf diese Bemühungen sollte unbedingt aufgebaut werden, auch wenn der Sinn anfangs nicht verständlich erscheint.

Vorstellungswelt

Bei einer starken Beeinträchtigung durch das autistische Syndrom ist davon auszugehen, daß die Vorstellungswelt erheblich verändert ist. Dies haben die Ergebnisse der biographischen Untersuchungen ergeben und dies bedeutet daß bei Therapiebemühungen jeglicher Art zu beachten ist, daß die autistisch Behinderten die Dinge anders wahrnehmen wie ein gesundes Kind/Jugendlicher. Aus der veränderten Vorstellungswelt ergibt sich aus der spezifischen Wahrnehmung, der veränderten Reiz- und Informationsverarbeitung und den weiteren spezifischen Ausprägungen des autistischen Syndroms (insbesondere fehlende Rückkopplung durch Umwelt in Form des sozialen Lernens).

Als pädagogische Konzepte könnten sich hier Konzepte anbieten, die es den autistisch Behinderten ermöglichen "Weltverständnis" zu erlernen und zu verbessern. Das Spielrepertoire für gesunde Kinder und Jugendliche mit dem Technik, Fahrzeuge und konkrete Lebenssituationen (Modelle von Welt) simuliert werden können ist so umfassend, daß gut experimentiert werden kann, welche Spiele verwendet können. Dabei ist zu berücksichten, daß autistische Kinder im Spielverhalten Besonderheiten aufweisen und Motivationshemmnisse und Blockierungen überwunden werden müssen. Weiter ist davon auszugehen, daß die Entwicklungen, die bei normalen Kindern zum Teil automatisch erfolgen nur bedingt und zum Teil verdeckt stattfinden.

Aus der veränderten Vorstellungswelt resultieren für die Pädagogen/Betreuer/Eltern vielfältige Irritationen, da die Beweggründe für das Handeln in bestimmten Situationen nicht nachvollzogen werden kann. Dies führt zu Unsicherheit und Ängsten der mit der autistischen Person betrauten Kraft. Der Versuch des Verständnisses der fremden Vorstellungswelt ist Einstiegvoraussetzung in einen fruchtbaren pädagogischen Dialog. Die zum Teil bizarren und nicht nachvollziehbaren Verhaltensweisen resultieren aus dieser veränderten Vorstellungwelt und müssen als für den Moment gegeben angenommen werden können, ohne die eigene Sicherheit zu verlieren.

Strategien zur Verbesserung der Kommunikation

Die Strategien zur Sprachanbahnung sind abhängig vom erreichten Entwicklungsniveau sowie der erreichten und erworbenen Sprachkompetenz. Dies gilt es vorab abzuklären.

"Angst vor Kommunikation" gepaart mit Ängsten des "Preisgebens" und "Erschrecken vor der eigenen Stimme" sind vielfältige Besonderheiten, die bei den Blockierungen des Sprachprozesses eine wichtige Rolle spielen.

Externe Sprachtherapien im Sinne der Logopädie scheinen nicht den gewünschten Erfolg zu haben, von daher muß auf sämtliche lautlichen und nonverbalen Äußerungen eingegangen werden und diese positiv im Sinne einer Kommunikationsanbahnung angesehen werden um auf diese mit weiteren Strategien der positiven Verstärkung aufzubauen. Nicht das "Nichtkönnen" sollte Beachtung finden sondern das Bemühen des autistisch Behinderten Kommunikation herbeizuführen. Dies wurde von verschiedenen autistisch Behinderten in ihren biographischen Texten entsprechend formuliert.

Insoweit sollten Sprachäußerungen, die die innere Sprache widerspiegeln und die, obwohl ursprünglich nicht für den Dialog bestimmt, zum Zwecke der Kommunikation und Interaktion eingesetzt werden, als "vollwertige" Sprache angenommen werden. Der qualitativ andere Entwicklungsverlauf erzwingt bei den autistisch Behinderten ein Verwenden von Echolalien, Pronomenumkehr, Neologismen und anderer Sprachformen. Dies muß als ein positives Bemühen im Sinne einer Entwicklung angesehen werden, in der unter Umständen in dieser Zwischenstufe eine Subjekt/Objekt-Trennung noch nicht vollständig vollzogen worden ist.

Echolalien (direkt und verzögert), Pronomenumkehr, zwanghaftes Plappern und Fragen scheinen Zwischenstufen der qualitativ anders verlaufenden Entwicklung (Wygotski) zu sein, die vergleichbar mit der sprachlichen Entwicklung tauber Kinder mit (nichts) zu (vergleichenden) einzigartigen Verhaltensweisen führt. Diese spezifischen Kommunikationsformen sind nicht als "Defekte" anzusehen, die "wegtherapiert" werden müssen, sondern sollten als Sprungbrett und Zwischenstufe für die weitere kognitive und der damit zusammenhängenden sprachlichen Entwicklung betrachtet werden. Dies entspricht auch einer Forderung Feusers nach der die Pädagogik Lebens- und Lernfelder so strukturieren muß, daß diese auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen eingeht und nicht als Kampf gegen vermeintlich "abweichende" Verhaltensweisen eingesetzt wird.

Umwege der sprachlichen Entwicklung (Wygotski) sind als solche zu erkennen und bewußt zu fördern. Der Ansatz Prizants, daß spezifische Äußerungen (hier: Echolalien) nicht als Defekte sondern als Einüben von Kommunikation zu betrachten ist, deckt sich mit den vorgefundenen Ergebnissen. Ebenso wurden Hinweise auf die Wirksamkeit der McGinnis-Methode (Tramitz & Kegel) auch in einem anderen biographischen Text (Park) gefunden.

Die verdeckten Entwicklungen sind hinsichtlich ihrer Art am deutlichsten sichtbar bei den autistisch Behinderten, die mit FC kommunizieren. Der unerklärliche Umstand, daß ihnen oft niemand Lesen und Schreiben beigebracht hat und sie sich irgendwann mit dem gestützten Schreiben ausdrücken können und dabei Fähigkeiten und Fertigkeiten zeigen, die ihnen niemand zugetraut hat, weist auf diese Umwegleistung im Sinne Vygotskijs aber auch verdeckte Entwicklungen hin.

Von grundlegender Bedeutung bei den Bemühungen im Rahmen der Sprachtherapie sind die Prozesse der Vertrauens- und Motivationsbildung, die Reduktion von Ängsten und der Stärkung des Mutes zur Äußerung. Das allgemeine pädagogische Prinzip des "Sicheinlassens" auf das Kind/Jugendlichen stellt sich beim autistisch Behinderten für den Pädagogen/Psychologen/Therapeuten in verschärfter Form, da die eigenen Weltvor-stellungen mit der autistischen Vorstellungswelt in Berührung kommen.

Zusammenfassung

Therapeutisches Bemühen bei autistischen Kindern/Jugendlichen stellt eine einzigartige hohe Herausforderung sowohl für die Eltern auch die mit dieser Aufgabe betrauten Pädagogen, Psychologen und Therapeuten dar.

Grundlegende Einstellungs- und Verfahrenweisen des "Annehmens", "Sich Einlassens", "Konfrontation mit der eigenen Vorstellungswelt durch eine fremde Vorstellungswelt" "Ausprobieren von Interventions- und Förderformen durch Trial- and Error-Verfahren", sind die unabdingbare Voraussetzung um Vertrauen und Zugang zum Kind/Jugendlichen zu schaffen. Dies setzt gleichzeitig vertiefte Kenntnisse über die Dimensionen und Ausprägungen des autistischen Syndroms vor allem den Besonderheiten der Kommunikation- und Interaktion und der Vorstellungswelt voraus.

Der Verstehensprozeß muß in irgendeiner Form über Kommunikation hergestellt werden. Sei es verbal oder aber in Fällen der stärkeren Ausprägung des autistischen Syndrom nonverbal. Methoden und Techniken der "Alternative und Augmentative Communication" (AAC) als Sammelbegriff für ergänzende und alternative Kommunikationsformen und Medien (Gebärdensysteme, Körpersprache, Mimik, etc.) außerhalb und ergänzend zur gesprochenen Sprache sind ebenso, wie die gestützte Kommunikation (FC), als Instrument in Betracht zu ziehen.

Je nach Ausprägung des autistischen Syndroms und damit einhergehend der Kommunikationsmöglichkeiten eröffnen sich die spezifischen Einwirkungsmöglichkeiten in einem strukturierten Rahmen . Die Schaffung oder Nutzung eines strukturierten Rahmens (hier insbesondere Schulumfeld) erscheint dabei im unmittelbaren Lebensumfeld am erfolgversprechendsten zu sein.

Verschiedene Therapieformen müssen als Angebot betrachtet werden und es gilt in einem strukturierten Rahmen damit zu experimentieren, welche Therapieformen dann Erfolg zeigen und auf Akzeptanz stoßen. Verfahren und Methoden der Sprachanbahnung sollten in einem strukturierten Rahmen stattfinden und es gibt deutliche Hinweise, daß die unmittelbare vertraute Umgebung mit den unmittelbaren Bezugspersonen als therapeutische "Hilfskräfte" am wirkungsvollsten ist. Diese kann als eine Anleitung zur Hilfe zur Selbsthilfe begriffen werden, nach der sich der externe Therapeut als Initiator für das Anstoßen von Lernprozessen begreift.

Begleitend zu "kognitiven Therapien" sollten Mototherapien (Ergo- Reit- und Krankengymnastik) durchgeführt werden. Diese können vollkommen unabhängig durchgeführt werden und dienen dazu die Körperwahrnehmung der autistisch Behindertern zu verbessern.

Inwieweit Sozialverhalten über Gruppenlernen gefördert werden kann, ist bei autistischen Behinderten besonders abzuklären. Oft sind hier spezielle Blockaden vorhanden und die autistisch Behinderten ziehen sich wegen Überforderung zurück. In solchen Fällen sind gezielte Einzeltherapien bzw. unmittelbares Einwirken im häuslichen Umfeld angezeigt. Geeigneter therapeutischen Ansatz ist die Verhaltenstherapie. Mit operanter Verstärkung kann gewünschtes Verhalten trainiert werden und nicht erwünschtes Verhalten versucht werden zu "löschen" (durch Ausblenden und Ignorieren). Es gelten hinsichtlich dieser Methode die Einschränkungen, daß genau zu prüfen ist auf welche Verhaltensweisen sich die Einwirkungen beziehen sollten. Aus der Sicht des Verfassers kann es sich bei den zu "löschenden" nur um Verhaltensweisen handeln, die ein Zusammenleben im Alltag erschweren und die alternativ nur mit dämpfenden Medikamenten behandelt werden müßten (Aggressionen, Autoaggressionen).

Neben der gezielten Einwirkung in Form der unterschiedlichen Therapien ist das gleichzeitige Zulassen von autistischen Verhaltensweisen wichtig. Ein reines und ausschließliches Wegtherapieren von unerwünschten Verhaltensweisen ist nicht angezeigt, da das autistische Syndrom sich weitgehend als therapieresistend zeigt und autistische Behinderte (im high functioning Bereich) mit Recht für sich reklamieren, daß der Autismus ein wesentlicher Teil ihrer selbst ist (siehe hierzu Williams, O’Neill). Zur weiterführenden Lektüre und der Methode der Verhaltensmodifikation verweise ich an dieser

Stelle auf Lovaas.

Ergebnisse dieser Untersuchung haben ebenfalls ergeben, daß die Anbahnung und Förderung der Kommunikation ein äußerst schwieriger Prozeß ist, der nur schwer beeinflußt werden kann.

Da das autistische Syndrom ein weites Spektrum - vor allem auch bei der Kommunikation - aufweist, ist das Niveau des Sprachvermögens vor jeder gezielten Einwirkung abzuprüfen. Nach verschiedenen Erhebungen erreichen die ca. Hälfte der autistisch Behinderten keine aktive Sprache. Ein weiterer großer Prozentsatz kann nur sehr eingeschränkt (nicht-dialogisch, etc.) sprechen.

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen weiter, daß die nicht, bzw. nur in Ansätzen sprechenden autistisch Behinderten objektiv nicht in der Lage sind Kommunikation und Interaktion in der Form aufzubauen, wie sie sich gesunde Menschen vorstellen auch wenn es vereinzelt zu spezifischen Sprachäußerungen kommen kann. Unabhängig der Art und Form der Äußerungen sind diese uneingeschänkt zu begrüßen und positiv zu verstärken. Die spezifischen Äußerungsformen sind zum Teil direkt wiedergebene Inhalte der inneren Sprache und so lassen sich die eigentümlichen und bizarren Wortkonstruktionen verstehen und einordnen. So läßt sich auch der akontextuelle Sprachaufbau erklären, der mit der eigentümlichen Sprechweise zusammenfällt und die für Irritationen im Umfeld sorgt. Mit diesen Eigentümlichkeiten der Kommunikation und Interaktion geht die veränderte Vorstellungswelt einher. In wenigen Worten ausgedrückt, kann davon ausgegangen werden, daß bei einer Vielzahl der autistisch Behinderten mit keiner oder nur rudimentär vorhandener Sprache eine normale Sprachgenerierung nicht stattfinden kann und wenn Sprachäußerungen erfolgen (und diese sind nicht planbar) dies ein unmodifiziertes Lautwerden der inneren Sprache darstellt. Damit unmittelbar zusammenhängend ist die eigene Vorstellungswelt, die von der Vorstellungswelt eines normalen Kindes/Jugendlichen abweicht.

Zur gezielten Einwirkung ist ein strukturierten Rahmen zu schaffen und mit verschiedenen Strategien zu arbeiten. Die gesamte Problematik der eingeschränkten Kommunikation und Interaktion ist im Zusammenhang mit der autistischen Basisstörung zu sehen. Da das laute Sprechen über interne kognitive Prozesse (innere Sprache - verbales Denken — Sprachgenerierung) erzeugt wird und diese einen Reflex auf Welterleben (Vorstellungswelt), Wahrnehmung sowie Reiz- und Informationsverarbeitung darstellen, sind diese Prozesse direkt kaum zu beeinflussen. Insoweit ist mit alternativen Kommunikationsmethoden, die erfolgreich sein können, zu experimentieren. Da autistische Kinder/Jugendliche ebenfalls eine Entwicklung vollziehen, ist es auch eine Frage des Zeitpunktes, wann die Methoden erfolgreich eingesetzt werden können. Selbst ein "später" Sprachaufbau ist noch im Alter von 8/9 Jahren möglich (Tramitz & Kegel), so daß auch die Anwendbarkeit der alternativen und ergänzenden Kommunikationsmittel über einen längeren Zeitraum zu sehen ist.